Zofingen im Vergleich «sackschwach»
Wirtschaftsförderer und Wirtschaftsverbandspräsident waren im «zt Talk» zu Gast.
Erst Benteler und Bethge, jetzt auch noch Swissprinters: Durch drei Betriebsschliessungen gehen in der Region Zofingen gegen 500 Arbeitsplätze verloren. Was bedeutet der schleichende Verlust von Arbeitsplätzen für den Bezirk? Wo gibt es hausgemachte Probleme? Diese Fragen beschäftigen auch Adrian Borer, den regionalen Wirtschaftsförderer, und Peter Gehler, den Präsidenten des Verbandes Wirtschaft Region Zofingen (WRZ). Die beiden waren vergangene Woche im «zt Talk» des «Zofinger Tagblatts» zu Gast.
Der Verlust von rund 500 Arbeitsplätzen ist laut Gehler ein harter Schlag für die Region. Und Borer fügte an, gerade Swissprinters und Benteler hätten zu den grossen Arbeitgebern im Raum Zofingen gehört: «Wenn so viele Arbeitsplätze auf einen Schlag verloren gehen, dauert es eine Weile, bis das wieder aufgeholt ist.»
Zofingen sei ein «unfreundlicher Gewerbestandort». Das sagte Brigitta Mettler, CEO der Zofinger Textilfirma Bethge, welche Ende 2023 ihre Tore schloss. Dazu sagte Borer, er habe Mettler im vergangenen Frühling Hilfe angeboten. Aber: «Ich habe die Auskunft bekommen, es brauche meine Unterstützung nicht. Daher hat mich diese Äusserung überrascht.» Es komme aber überall vor, dass Betriebe schliessen, fügte Peter Gehler an: «Es gibt einen Strukturwandel, den man hinnehmen muss.» Die Agglomeration Zofingen liege zwar im Herzen der Schweiz – aber sie sei nicht in der Lage, solche Betriebsschliessungen zu kompensieren.
Gemeindegrenze zum Schmunzeln
Mehrere Initiativen des regionalen Wirtschaftsverbandes hätten laut Präsident Gehler gezeigt, dass die Region Zofingen schlecht strukturiert sei. Auch die Zusammenarbeit funktioniere nicht gut. Die EW-Fusion, die gescheitert ist, sei etwa ein «no brainer» – also eine Selbstverständlichkeit. Und: «Fusionsgespräche finden gar nicht mehr statt. Jeder schaut für sich. In einem solchen Gebilde ist es schwierig, die Standortattraktivität nach aussen zu zeigen.»
Das gelte nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Kultur und den Sport. «Im Vergleich zu Aarau und Olten, die unsere direkten Konkurrenten sind, ist die Region Zofingen sackschwach.» Wirtschaftsförderer Borer fügte als Beispiel an, die Artemis Holding sei zu einem Weltkonzern gewachsen, die Grenze zwischen Aarburg und Oftringen gehe aber mitten durch ihr Fabrikareal durch: «Wenn sie etwas machen wollen, müssen sie immer zwei Gemeindebehörden fragen – darüber kann man im besten Fall schmunzeln.»
Gehler sieht da eher einen regionalen Ansatz: «Ich spüre viel Rückhalt im regionalen Wirtschaftsverband, der die Region positionieren will. Vielleicht müssen wir noch einmal einen Anlauf nehmen und die Gemeindebehörden aus der Deckung holen. Aarburg und Strengelbach stehen bis jetzt abseits.»
Es gebe aber auch positive Nachrichten aus der Region, sagte Borer; beim neuen Busdepot in Zofingen werde sich etwa BWM mit einem Trainingszentrum ansiedeln: «Und der Ausbildungsverband der Logistikindustrie kommt ebenfalls mit einem Trainingszentrum; ausgebildet werden beispielsweise Staplerfahrer.» Zudem wolle ein deutscher Technologiekonzern den Hauptsitz einer Sparte in die Region bringen. Borer: «Das wären mehr als 100 Arbeitsplätze.» (zt/az)
Quelle: Aargauer Zeitung, 23.01.2024